Crowdfunding und KMU-Finanzierung leicht(er) gemacht

Im Herbst 2015 tritt das Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG) in Kraft, welches insbesondere Crowdfunding und Bürgerbeteiligungen erleichtern wird. Durch eine gleichzeitige Änderung des Kapitalmarktgesetzes (KMG) wird auch die Finanzierung mittelständischer Unternehmen über den Kapitalmarkt vereinfacht. Im Wesentlichen wird statt der bisher recht schnell greifenden Prospektpflicht ein mehrfach abgestuftes System eingeführt. Außerdem wird ein Rechtsrahmen für Betreiber von Crowdfunding-Plattformen geschaffen. Im Folgenden werden die wesentlichen Fragen kurz dargestellt.

Mag. Gernot WILFLING | 18.05.2015 | Bank- und Kapitalmarktrecht Seite drucken

Für wen gelten die Erleichterungen des Alternativfinanzierungsgesetzes?

Das AltFG gilt für Unternehmen, die (i) weniger als 250 Personen beschäftigen und die (ii)  entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Millionen Euro beläuft („KMU“).

Weitere Voraussetzung ist, dass eines der folgenden „alternativen Finanzinstrumente“ begeben wird: Aktien, Anleihen, Geschäftsanteile an Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften, Genussrechte, stille Beteiligungen oder Nachrangdarlehen.

Das AltFG ist außerdem nur anwendbar, wenn gewisse monetäre Obergrenzen eingehalten werden: Ein Angebot an alternativen Finanzinstrumenten muss weniger als 1,5 Millionen Euro betragen, um unter das Gesetz zu fallen (zur „Prospektpflicht light“ bei einem Angebot bis zu (weniger) 5 Millionen Euro siehe unten). Weiters darf der aushaftende Betrag aller durch die Ausgabe alternativer Finanz­instrumente entgegengenommenen Gelder über einen siebenjährigen Betrachtungszeitraum durch die Ausgabe eines neuen Instruments insgesamt den Betrag von 5 Millionen Euro nicht übersteigen (sonst Prospektpflicht nach dem KMG). Darüber hinaus dürfen von einem einzelnen Anleger innerhalb eines zwölf-Monats Zeitraums nicht mehr als 5.000 Euro entgegengenommen werden (Ausnahmen bestehen für professionelle Anleger und in einem gewissen Rahmen für Personen mit hohem Einkommen).

Zuletzt muss Geld für die unmittelbare operative Tätigkeit eingeworben werden.

Welche Erleichterungen können sich Emittenten erwarten?

Hervorzuheben ist zunächst, dass es durch die Novelle unabhängig von der Anwendbarkeit des AltFG zu einer erheblichen Erleichterung kommt: Durch die gleichzeitig geplante Änderung des KMG gilt künftig für alle Angebote von Wertpapieren und Veranlagungen unter 5 Millionen Euro unabhängig vom Finanzinstrument und vom Emittenten eine „Prospektpflicht light“ mit deutlich reduzierten inhaltlichen Anforderungen, wobei der „Prospekt light“ der FMA-Prüfung (bei Wertpapieren) bzw. der Prüfung durch einen Prospektkontrollor (bei Veranlagungen) unterliegt.

Im Anwendungsbereich des AltFG wird in verschiedener Hinsicht unterschieden, je nach Art des alternativen Finanzinstruments und Höhe des Angebots: Bei (i) einem Angebot von Aktien und Anleihen von wenigstens 100.000 Euro und weniger als 250.000 Euro sowie (ii) bei einem Angebot von anderen alternativen Finanzinstrumenten von wenigstens 100.000 Euro (bei Genossenschaftsanteilen 750.000 Euro) und weniger 1,5 Millionen Euro ist statt einem Prospekt ein „Informationsblatt“ entsprechend den Vorgaben der AltFG-Informations­verordnung zu erstellen (zu den Inhalten siehe unten). Eine Prüfung des Informationsblatts durch die FMA ist nicht vorgesehen. Dafür muss es vorab durch einen Rechtsanwalt, Wirtschaftstreuhänder, Notar, eine Wirtschaftskammer, einen Unternehmensberater, einen Vermögensberater oder (im Fall von Genossenschaften) vom zuständigen Revisionsverband geprüft werden.

Bei Angeboten von Aktien und Anleihen deren Gesamtgegenwert in der Europäischen Union über einen Zeitraum von zwölf Monaten gerechnet wenigstens 250.000 Euro beträgt, ist dagegen ein „Prospekt light“ zu erstellen, der vom Umfang her etwas über das Informationsblatt nach AltFG hinausgeht. Bis zu einem Angebotsvolumen von weniger als 1,5 Millionen Euro dürften die sonstigen Pflichten des AltFG (siehe unten) für Aktien oder Anleihen emittierende KMU trotz der Prospektpflicht (light) genauso gelten. Ab einem Angebotsvolumen von 1,5 Millionen Euro gilt dann bis zu einem Angebotsvolumen von bis zu (weniger) 5 Millionen Euro aufgrund des KMG für sämtliche Angebote von Wertpapieren und Veranlagungen die Prospektpflicht light. Das AltFG ist in diesem Bereich nicht mehr anwendbar, die zusätzlichen Pflichten nach diesem Gesetz entfallen. Ab einem Angebotsvolumen von 5 Millionen Euro besteht „echte“ Prospektpflicht.

Welche Pflichten treffen Emittenten nach dem Alternativfinanzierungsgesetz?

AltFG-InfoVO

Die Pflichtinhalte des Informationsblatts nach AltFG sind in der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft über die von Emittenten nach dem AltFG zur Verfügung zu stellenden Informationen (AltFG-InfoVO) aufgezählt. Neben insgesamt 20 Informationsbestandteilen in den Kategorien „Angaben über den Emittenten“, „Angaben über das alternative Finanzinstrument“ und „Sonstige Angaben und Hinweise“ sind auch Beilagen zum Informationsblatt aufzunehmen: (i) der aktuelle Jahresabschluss, (ii) ein Geschäftsplan einschließlich der Angabe des Emissionsvolumens, das durch die Ausgabe alternativer Finanzinstrumente aufgebracht werden soll sowie das Vorgehen, wenn das Emissionsvolumen nicht erreicht wird, und (iii) die Emissionsbedingungen oder die sonstige Vertragsgrundlage des Finanzinstruments. In Summe ergibt das eine ganze Menge an bereitzustellenden Informationen, ein „Einseiter“, wie die Bezeichnung als „Informationsblatt“ vermuten lässt, ist es jedenfalls nicht (man könnte dem Informationsblatt auch den Spitznamen „Prospekt light light“ geben).

Sonstige Pflichten des Emittenten nach AltFG

Emittenten die dem AltFG unterliegen, haben einmal jährlich ihren aktuellen Jahresabschluss zu veröffentlichen. Außerdem haben sie einmal jährlich wesentliche Veränderungen der gemäß der AltFG-InfoVO bereitzustellenden Informationen zu veröffentlichen. Die vorgenannten Informationen sind – wie auch das Informationsblatt – dem Verein für Konsumenteninformation zu übermitteln.

Emittenten müssen weiters die Identität der Anleger feststellen (es sei denn, dies geschieht durch einen Plattformbetreiber, über den das alternative Finanzinstrument angeboten wird). Außerdem haben Emittenten die Bestimmungen der Gewerbeordnung zur Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung zu beachten, sofern die angebotenen Finanzinstrumente nicht in einer Sammelurkunde verbrieft sind.

Was bedeutet „Prospektpflicht light“?

Wer unter die „Prospektpflicht light“ fällt, hat einen vereinfachten Prospekt gemäß Schema F des KMG zu erstellen und (im Fall von Wertpapieren) von der FMA billigen oder (im Fall von Veranlagungen) von einen Prospektkontrollor kontrollieren zu lassen. Darüber hinaus dürfte das Regime des KMG für „echte“ Kapitalmarktprospekte weitgehend auch für den Prospekt light gelten. Das bedeutet unter anderem, dass der Prospekt gemäß KMG zu veröffentlichen ist, bei wesentlichen Unrichtigkeiten oder wesentlichen neuen Umständen während der Angebotsfrist Nachträge erforderlich sind und die spezialgesetzliche Haftung (§ 11 KMG) auch für den Prospekt light gilt (weiterführend Wilfling/Friedl, Der vereinfachte Kapitalmarktprospekt, Anwalt aktuell 05/2015, 30 ff).

Der Prospekt light hat zu Beginn Angaben über die für ihn haftenden Personen zu enthalten. Daran schließt ein Kapital „Angaben über die Veranlagung“ mit 18 verschiedenen Abfragepunkten rund um das angebotene Finanzinstrument an. Außerdem sind Angaben über den Emittenten und über eine allfällige Depotbank zu machen. Zudem müssen Angaben zur laufenden Information der Anleger über die wirtschaftliche Entwicklung aufgenommen werden sowie in einem „catch-all“ Punkt sonstige Angaben, die für den Anleger erforderlich sind, um sich ein fundiertes Urteil bilden zu können. Falls anwendbar, ist in einem abschließenden Kapitel der Kontrollvermerk des Prospektkontrollors aufzunehmen (gilt für Veranlagungen iSd KMG).

Welche Vorschriften sieht das AltFG für Plattformbetreiber vor?

Betreiber einer Plattform zur Vermittlung von Veranlagungen zwischen Emittent und Anlegern benötigen eine Gewerbeberechtigung als gewerblicher Vermögensberater . Wer hingegen Finanzinstrumente im Sinne des Wertpapieraufsichtsgesetzes vermitteln möchte, benötigt eine Konzession der FMA nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz (gilt insbesondere für Aktien, Anleihen und wohl auch für verbriefte Genussrechte).  

Auch die Plattformbetreiber treffen Informationspflichten, Pflichten in Zusammenhang mit der Identitätsfeststellung und der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (siehe § 5 Abs. 2 bis 4 AltFG). Sie dürfen außerdem nicht selbst als Emittent auf ihrer Plattform auftreten.

Resümee

Neben den Bereichen Crowdfunding und  Bürgerbeteiligungen, die insbesondere durch das AltFG erhebliche Erleichterungen erfahren, bringt die Novelle durch eine Änderung des KMG auch mittelständischen und großen Unternehmen, die sich im niedrigeren einstelligen Millionenbereich finanzieren wollen, Vorteile. Das ohnehin schon zersplitterte und komplexe Kapitalmarktrecht wird jedoch um noch eine Nuance unübersichtlicher. Denkbar sind künftig neben der „echten“ Prospektpflicht eine „Prospektpflicht light“ mit FMA-Prüfung (bei Wertpapieren) bzw. Prüfung durch Prospektkontrollor (bei Veranlagungen) und eine „Prospektpflicht light light“ mit externer Prüfung durch bestimmte prüfberechtigte Berufsträger bzw. Kammern. Potentielle Emittenten bewegen sich jedenfalls nach wie vor in einem rechtlichen Minenfeld, in dem Fehler mit Verwaltungsstrafen, Schadenersatzforderungen und im Extremfall sogar strafrechtlicher Verfolgung bestraft werden.

 

Bild: ©Shutterstock

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